
Dieser Geruch…
Mein Gehirn spielte verrückt, die Gedanken überschlugen sich, ich klammerte mich an den Einkaufswagen.
Warum?
Ich ging an frischen Backwaren vorbei. Schokobrötchen, Croissants und knuspriges Bauernbrot.
Alles Dinge, die ich liebe – die ich aber nicht essen durfte.
Weil ich mich entschieden hatte, zu fasten.
Nicht wegen meiner Gesundheit oder meiner Figur, sondern um meinen Geist zu stärken.
Der Speiseplan war sehr simpel: Nur Obst und Gemüse.
Kein Teig.
Kein Fleisch.
Keine Milchprodukte.
Das Fasten ist eine Zeit, in der man die materiellen Dinge freiwillig zurückstellt, um sich auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist: das Innenleben.
Sprich: weniger naschen, mehr nachdenken. Gebet statt Gänsekeule.
In dieser Zeit sind mit mir merkwürdige Dinge passiert und ich möchte mit dir gerne meine Erfahrungen teilen.
Vielleicht wird es dich motivieren, auch mal zu fasten.
Vielleicht auch abschrecken.
Lies und entscheide selbst.
1) Du merkst, dass du ein abhängiger Junkie bist
Eigentlich dachte ich immer, ich ernähre mich gesund und nehme wenig Zucker zu mir.
Außerdem dachte ich, Essen bedeute mir nicht viel.
Bis ich morgens auf meine geliebten Croissants verzichten musste.
Ich weiß zwar nicht, wie man sich beim Drogenentzug fühlt, aber ich glaube ich kam der Sache ziemlich nah.
Es war ein echter Kampf.
Dass ich so sehr an meinem Frühstück hing, hätte ich nicht gedacht.
2) Deine Stimmung ist im Keller
Keller ist das falsche Wort. Das zehnte Untergeschoss trifft es eher.
Ohne die gewohnten Brötchen, Schokolade, Milchkaffee (Milch war auch nicht erlaubt) war meine Stimmung dermaßen im Keller, dass es gefährlich war, neben mir zu stehen.
Auch das zeigte mir, wie leicht wir Menschen doch zu manipulieren sind. Gibt man uns mal keinen „Schnuller“ sind wir sofort sauer.
Ganz oft herrscht der Körper noch über den Geist – nirgendwo zeigt sich das wie bei einem hungrigen Menschen.
3) Du entlarvst das Belohnungssystem
Was ich vor allem gemerkt habe: Ich brauche Nahrung oft nicht, weil ich hungrig bin, sondern weil meine Seele eine Belohnung möchte.
Zuckerhaltiges und fettiges Essen ist der schnellste und billigste Weg, um im Gehirn Endorphine auszuschütten.
Essen ist die verbreiteteste Form der Selbstbelohnung. Sozusagen Selbstbefriedigung durch den Mund.
Das ist einer der Gründe, warum wir immer mehr dicke Menschen in der westlichen Welt haben. Die Menschen lieben es, sich selbst zu belohnen.
Gemüse hingegen hat nicht die „Bombenmischung“ aus Fett und Zucker. Der Endorphin-Shock bleibt damit aus. Obwohl man satt ist, hat man das Gefühl, dass „etwas fehlt“.
Das hat mir nochmal die Gefahr von Zucker und Fett vor Augen geführt und wie wichtig es ist, Belohnung hinauszuzögern.
Das berühmte Marshmallow-Experiment hat gezeigt. Wenn es nur einen Faktor für Erfolg gibt, dann diesen: die Fähigkeit Belohnungen hinauszuzögern.
Wer auf Belohnungen verzichten kann, der kann auch besser seine Ziele erreichen.
4) Du gibst mehr Geld aus
Ja, es ist deutlich billiger, sich mit Pizza, Nudeln und Gummibärchen vollzuballern.
Gutes Obst, frisches Gemüse, Nüsse und Bio-Datteln sind nämlich nicht billig.
Vor allem der Milchersatz (Mandelmilch, Hafermilch) war extrem teuer.
Das hat allerdings auch seine Vorteile: Man kauft automatisch weniger (und frisst dadurch weniger).
Und vor allem lernt man das Essen zu schätzen !
# Lesetipp: Abnehmen ohne Diät – 15 Kilo in 3 Monaten
5) Dein Horizont erweitert sich
Normalerweise nimmt man im Supermarkt das, worauf man Lust hat. Was einem schmeckt.
Wenn man fastet, muss man neue Wege gehen.
Viel weniger Auswahl – dachte ich.
Doch ich entdeckte neue Ecken im Supermarkt, von denen ich nicht mal wusste, dass sie existieren.
Mein Ernährungshorizont hat sich definitiv erweitert.
6) Du denkst über den Sinn des Lebens nach
Während andere übers Essen, über Autos und Mode reden, bist du still. Denn all diese Themen interessieren dich nicht, wenn dein Magen leer oder unbefriedigt ist.
Das „Materielle“ erscheint plötzlich nicht wichtig. Autos, Geld und reich werden bekommen eine ganz andere Bedeutung.
Man fängt an, über den Sinn des Lebens nachzudenken und man merkt, wie oberflächlich wir Menschen doch sind, wenn wir eine Stunde über „Steaks und Kräuterbutter“ reden können.
7) Du suchst tiefere Gespräche
Und so sucht man als Fastender automatisch tiefere Gespräche. Gespräche über Disziplin, Selbstbeherrschung und das eigene Verhalten.
Wenn man merkt, dass man ein abhängiger Junkie ist, dann fängt man sehr schnell an, nach Wegen zu suchen, wie man freier und stärker wird.
8) Du lernst bewusst zu reagieren
Wir alle kennen diesen Impuls: Man sitzt am PC und plötzlich juckt es in den Fingern.
Man geht zum Kühlschrank oder greift zum Schokoriegel.
Jedes Mal, wenn bei mir dieser Impuls kam, musste ich ihn unterdrücken und das zwang mich auch, über mein Verhalten und meine Reaktionen nachzudenken.
Denn zu oft machen wir vieles automatisch und geben jedem Impuls nach. Dabei ist Selbstdisziplin ja genau das: die Kontrolle von Impulsen.
Diese Zeit hat meine Disziplin deshalb deutlich auf die Probe gestellt.
9) Mache es niemals alleine
Warum habe ich trotz all der Impulse, Verführungen und Umstände 10 Tage lang durchgehalten?
Weil ich nicht alleine gefastet habe. Meine Frau war auch mit an Bord (ehrlich gesagt war es sogar ihre Initiative).
Und ich musste ihr Rechenschaft ablegen, ob ich mich an das Fasten gehalten hatte.
Ich sage es immer wieder: Wenn du dein Leben verändern willst, dann mache es niemals alleine. Finde eine Gruppe von Gleichgesinnten. Finde einen Mentor.
Zahlreiche Studien zeigen, dass es funktioniert.
10) Du findest Zeit für das Wesentliche
Neben der psychologischen und emotionalen Achterbahnfahrt, die ich in dieser Zeit durchgemacht habe, habe ich natürlich die Zeit, die man sonst mit Naschen verbringt, mit Nachdenken und Beten verbracht (Ohne Chips und Schokolade macht Youtube nur halb so viel Spaß).
Und das ist das Wichtigste beim Fasten: Besinne dich auf das, was wichtig ist. Kümmere dich um deinen Geist, stärke ihn und füttere ihn.
Wir füttern unseren Körper täglich mit mehr Essen als er verkraften kann.
Doch wie oft füttern wir unseren Geist?
Ein wahrhaft erfülltes und lebendiges Leben kommt jedoch gerade vom Geist.
So lesen wir in Galater 5:22:
„Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.“
Ich glaube wir alle können davon mehr vertragen. Hier gibt es weitere Lebensweisheiten für deinen Geist.
In diesem Sinne: Stärke deinen Geist – nicht nur deinen Körper.
Lebe lebendig,
Dein Walter
- Wann ist ein Mann ein Mann? - 25. September 2023
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Und wie geht’s weiter? 😉 War das mehr ein Ausflug? Oder habt ihr Erkenntnisse gewonnen, die zu dauerhaften Veränderungen von Gewohnheiten, im Alltag, im (Ess-)verhalten, etc. führen?
Ich habe mein Essverhalten auch nachhaltig verändert:
1) Mehr Gemüse
2) Weniger künstlicher Zucker und Fertigwaren
3) Weniger Fleisch
4) Mehr Hülsenfrüchte und Nüsse
Allerdings nicht so extrem wie während der Fastenzeit 🙂
LG, Walter
WOW! Du lässt das Herz einer Ernährungsberaterin höher schlagen! 🙂
Nach nur zehn Tagen bei diesem Ergebnis: Ich werde demnächst mit meinen Coachees nur noch die „Walter-Methode“ anwenden. 😉
Ich freue mich für euch! Und wenn ihr mal nicht wisst, was ihr kochen sollt, dann meldet euch!
Drei von vier meiner Kids mögen keine Zucchini. Ich habe sie heute erfolgreich versteckt: Mit Paprika und Kidney-Bohnen und Tomatensauce in Blätterteig.
Das dann Pizzataschen taufen und schon ist’s lecker! 🙂
Erfüllt sogar alle deine vier Punkte! Yeah!
Die 10 Tage haben mir gezeigt, wie „unnatürlich“ ich mich eigentlich ernähre.
Allerdings: Ich habe mich vorher auch schon mit Ernährung beschäftigt und war ohnehin schon an besserer Ernährung interessiert – ob andere solche Ergebnisse wie ich haben werden, weiß ich nicht 😉
Das Fasten war aber in erster Linie nicht, wegen einer Diät oder ähnliches, sondern um meinen Geist zu stärken 🙂
LG, Walter
Ein sehr schöner Artikel, der wirklich gut aufzeigt, wie abhängig wir eigentlich vom Essen sind, ohne es bewusst zu merken. Danke Walter!
Ich persönlich merke schon wie meine Stimmung in den Keller sinkt, sobald ich nur das Frühstück auslasse 😉
LG Johannes
Ja, was ich gelernt habe, ist nicht so sehr vom Essen abhängig zu sein.
Wenn jetzt mal das Frühstück ausfällt, bin ich nicht ganz so stachelig 😉
Hallo Johannes, der gleiche Gedanke kam mir auch. Wir sind echt abhängig.
Hallo Walter, ich konnte aus deinem Artikel sehr viel lernen und möchte mich dafür bedanken. Wie kam dir denn die Idee dazu?
LG Steffen
Super! Ich faste auch jedes Jahr mit meinem Mann. Wir ziehen uns dann aus dem Alltag in ein kleines Fastenhotel zurück. Ich versuche dann auch vom Internet zu fasten – eine Woche einfach raus und, wie Du schreibst, nachdenken und wieder bei sich ankommen. Die Fastenwoche ist für uns ein Ritual zum Kraftauftanken geworden.
Und bei Euch: Werdet ihr nächstes Jahr wieder fasten?
Aus genau demselben Grund habe ich auch schon das ein oder andere Mal gefastet.
Und besonders bei meinem ersten Faste-Event war ich so richtig GESCHOCKT!!!
Geschockt darüber, dass ich mir wie ein Junkie vorkam.
Wenn ich nur daran denke… was für ein ekelhaftes Gefühl das war.
Ich habe damals 5 Tage Saftfasten gemacht.
Doch 10 Tage Obst und Gemüse werde ich auch mal ausprobieren.
Bin gespannt, ob der Junkie wieder in mir hochkommt. Hahaha…
Lieben Gruß, Michel
Eine super Übersicht über die Vorteile des Fastens. Der römische Philosoph Seneca nennt in seinem 18. Brief an Lucilius übrigens noch zwei Vorteile, wenn man einige Tage fastet und auf liebgewordene Gewohnheiten verzichtet: (1) Man stärkt den eigenen Charakter. (2) Man bereitet sich mental auf mögliche Schicksalsschläge vor, indem man lernt, mit weniger auszukommen. (ars-philosophandi.de/zeitweiliger-verzicht/)