Ich sitze am Flughafen in München.
Mein schmaler Hintern ruht sich auf einem fetten Clubsessel im Café neben dem Gate aus.

Und ich tue das, was ich immer in solchen Situationen tue: nichts.
Ich hole nicht mein Handy raus. Ich surfe nicht im kostenlosen WLAN, ich chatte und telefoniere nicht.
Ich lasse den Ort auf mich wirken und schaue in die Runde: 90% aller Menschen schauen in ihr Smartphone. Whatsapp, Youtube, Instagram, E-Mails. Jeder hate etwas Spannendes im Display gefunden.
Schade.
Denn diese Menschen verpassen 5 schöne Dinge, die sie vielleicht nie wieder sehen werden.
1) Gesichter
Gesichter sind wie Bücher. Wenn man sie lesen kann, dann steht eine Menge drin.
Ich bin noch kein Gesichtsexperte, doch ich versuche immer öfter Menschen in die Augen zu schauen – und nicht auf den Display. Handys am Tisch sind bei mir Tabu. Wenn ich mit jemandem esse, dann esse ich mit ihm – nicht neben ihm.
Ich schaue mir die Gesichter an. Sie zeigen Sorgen, Erschöpfung, Hast. Andere dagegen lächeln, schmunzeln, träumen.
Jedes Gesicht erinnert mich daran, dass ich von Menschen umgeben bin. Nicht von Robotern. Jedes Gesicht erinnert mich daran, dass ich lebe.
Ich fühle mich lebendig.
2) Geräusche
Ich höre wie die Kaffeemaschine einen Capuccino aufbrüht. Weinende Kinder und telefonierende Geschäftsmänner stechen aus der Geräuschkulisse hervor.
Die Frau aus dem Lautsprecher versucht „Kim Jong Chiun“ oder so ähnlich zum Ausgang zu bitten. Man hört, wie sie Probleme mit der Aussprache hat und mehrfach stockt. Amüsant.
Ich schaue in die Runde: Alle, die zugehört haben, schmunzeln. Alle, die in ihr Handy schauen, haben nichts gemerkt…
3) Orte
Viele Menschen können sich gar nicht mehr erinnern, wo sie schon überall waren und wo nicht. Sie schauen dann in ihr Handy, um Beweisfotos zu finden.
Ich schaue lieber in meine Erinnerung. Ich sauge den Ort vollkommen auf. Ich schaue mir die Dekoration an, die Einrichtung, die Decke.
Kannst du dich an die Decke des Cafés erinnern, wo du das letzte Mal gegessen hast?

Ich rieche den Kaffee, ich spüre das Leder unter meinen Handflächen. Wenn ich alt bin, will ich mich an Emotionen und Gefühle erinnern – nicht an Handyfotos.
4) Ideen
Du verpasst viele gute Ideen. Ideen kommen nur, wenn du dich „langweilst“. Wenn dein Gehirn nichts zu verarbeiten hat, dann fängt es an, selbst etwas zu erschaffen. Das nennt man dann Idee. Das nennt man Kreativität.
Doch wenn du die ganze Zeit Stimmen aus deinem Handy hörst (per Youtube oder WhatsApp), dann hörst du nicht die Stimme in deinem Kopf. Du hörst deine eigenen Gedanken nicht.
Ideen sind wertvoller als die Beantwortung eines Gruppenchats. Ideen bereichern dein Leben, Chats saugen dich aus.
5) Ruhe
Viele Menschen haben die Kunst des Reisens verlernt. Sie wollen so schnell wie möglich ans Ziel kommen. Ruckzuck! Am liebsten würden sie sich „rüberbeamen“.
Ich bin kein Feind von Technologie. Ich bin ein Fein von Hetze.
Ich nutze gerne mein Smartphone, doch ich hasse es, wenn es mich antreibt. Wenn ich von Chats und Mails durch den Tag gejagt werde, verliere ich Lebensqualität.
Ich „vergesse“ häufig mein Handy zuhause, damit ich in Ruhe arbeiten kann. Wenn ich an meinen Zielen arbeite, dann kann die Welt draußen warten.
Wir alle klagen über zu wenig Zeit. Dabei musst du nur eine Sache tun, um mehr Zeit für dich zu haben: Das Smartphone in der Tasche lassen.
Hier habe ich dazu schon etwas geschrieben:
Was wirst du bereuen?
Viele Menschen bereuen am Ende ihres Lebens, dass sie sich selbst nicht erlaubt haben, glücklich zu sein. Wirst du das auch?
Ich lebe nach einer einfachen Lebensweisheit:
Glück kommt von Freiheit. Und Freiheit kommt von Mut. Klick um zu TweetenHabe den Mut, das nächste Mal deinen Blick zu heben. So erlebst du den Ort voll und ganz. Jeder Ort, jedes Geräusch und jedes Gesicht ist auf seine Art einzigartig. Verpasse sie nicht.
Lass dein Handy das nächste Mal in der Tasche. Die Welt wird schon nicht untergehen.
Und wenn doch, dann hast du das Ende wenigstens mit eigenen Augen erlebt.
Lebe großartig,
Dein Walter
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Genialer Post.
Danke, Walter!
Es hat mich wach gerüttelt, da ich der Mensch bin, der alles in Bildern festhalten will. Manche Momente sollte man genießen und entspannen.
Aber wie die Decke des Cafés aussieht weiß ich oft 😊
Mir gefällt vor allem dein Schlusssatz! Den hast du total gerockt.
Hi Tanja,
Danke für dein Lob für meinen letzten Satz. Mir gefällt er auch 🙂
Ich fotografiere auch gerne. Doch ich lasse das Handy trotzdem lieber in der Tasche und fotografiere mit meinem Gedächtnis 🙂
LG, Walter
Das kennen wir auch. Wir (meine Kids und ich) nennen es „Herzensfoto“, wenn wir eben genau nicht das Handy zücken.
Die Bilder, die ich so bewusst geschossen habe, an die erinnere ich mich sehr stark.
Eines davon ist ein Bild von einem Weiher, an dem wir zu dritt unter einem blühenden Apfelbaum saßen. Erhöht. So konnten wir über den Weiher bis zu den Alpen sehen. Die Sonne war schon am Untergehen. Auf dem Weiher stand ein Fischer ruhig in seinem kleinen Kahn und sein Spiegelbild war so klar, als würde der Zwillingsbruder unter ihm stehen.
Wir machten ein Herzensfoto. Ich werde es nie vergessen.
🙂
Ich. Einfach glücklich.
Hi Stefanie,
Danke für den kleinen Einblick in dein Leben 🙂
Ich habe solch ein Herzensfoto auf der Über-Seite hier bei Endlichlebendig. Da sieht man mich mit meiner Frau und unserer ersten Tochter. Es war ein spontaner Ausflug an den Rhein. Die unerwarteten Fotos (und Abenteuer) sind immer die Besten 🙂
LG, Walter
Besonders Punkt vier finde ich sehr bereichernd und spannend. Das ist wirklich so. Solange man vollkommen beschäftigt ist kommen keine eigenen/neuen Ideen!
Genau. das ist auch der Grund, warum Menschen so „erfolglos“ jahrelang ihren Job machen. Sie denken nie wirklich nach und hetzen nur von A nach B.
LG, Walter
Was war das? Sollte eigentlich folgendes sein:
Voll deiner Meinung, Walter – man verpasst echt zuviel.
LG, Karsten
Danke Walter
Ja, die Welt um sich herum mit allen Sinnen wahrzunehmen, das ist heute die Kunst für viele Menschen!
Grossartig, herzlichen Dank!
Gerne 🙂 Viel Spaß beim Wahrnehmen 😉
LG, Walter
Vielen Dank Walter,
sehr gut berichtet. Ich gebe diesen Text meinen beiden Kindern zum Lesen und dann sprechen wir gemeinsam darüber.
Auch ich nutze Reisen dazu, dass Handy einfach in der Tasche zu lassen und endlich die Zeit zu haben, viel nachzudenken über meine nächsten persönlichen Pläne im Leben. Die Reise (im Bus, im Flugzeug, in der Bahn) ist eine tolle Zeitspanne, in der man von niemanden gestört wird, intensiv über sich selbst nachzudenken. Oder endlich die Ruhe zu finden, ein Buch oder sonstigen langen Text zu lesen, was man schon immer wollte und doch nicht konnte.
Hi Peter,
Da stimme ich dir voll zu. Habe selbst beim Flug von Düsseldorf nach Münschen ein Buch von STephen King gelesen. Und das tolle ist: Niemand KANN mich stören. Selbst wenn sie wollten 🙂
LG, Walter
Ich war gerade eine Woche im Kloster fasten. Da habe ich auch mein Handy ausgemacht. Habe es aber auch im Alltag immer lautlos und bekomme es kaum mit. Das tut gut.
Ätzend ist, dass viele Mitmenschen sich darüber aufregen, dass man nicht erreichbar ist. Schade, dass wir uns so daran gewöhnt haben, dass alle immer gleich erreichbar sein müssen, wenn wir ihnen was mitteilen wollen.
Wie beruhigend, dass du darüber schreibst und uns wieder dazu inspirierst, wo das wirklich Wichtige stattfindet.
Es gibt nämlich Tage, da fühle ich mich dann doch beinahe handysüchtig und glotze ständig drauf, um zu sehen, ob mich jemand erreichen wollte oder, ob es was Interessantes gibt auf Instagram, Facebook oder meinem Blog. Das will ich ändern. Ein bisschen starker Willen und eine kleine Erinnerung wie dein Artikel sind da sehr hilfreich.
Danke, Walter 🙂